Ein feines Netz durch Österreich – die Arge Region Kultur

FrauenKunstTage Horn 2003 - Tanztheater
FrauenKunstFest Horn - 2011 bis 2003 organisiert von Ilse Stadler, der neuen Geschäftsführerin der Arge Region Kultur (Foto: © Matthias Fürpaß)

Von Gföhl aus, im unteren Waldviertel, erstreckt sich ein Netz der Bildungs- und Kulturarbeit durch Österreich: die Arge Region Kultur. Projekte im Waldviertel, Mühlviertel, Pinzgau und Pongau, in Kärnten und im Burgenland werden von hier aus mitbetreut. „Es sind alles kreative Projekte. Kultur- und Bildungsarbeit gehen da ineinander“, sagt Ilse Stadler, die neue Geschäftsführerin der Arge. Sie hat vergangenen Herbst Anton Rohrmoser abgelöst, der in den Vorstand der Arge wechselte.

Einer der Väter der Regionalentwicklung

Anton Rohrmoser
Anton Rohrmoser (Bild) gestaltete maßgeblich die Anfänge der Regionalentwicklung im Waldviertel. 1988 wechselte er von der ÖAR zur Arge Region Kultur. (Foto: Rohrmoser)

Anton Rohrmoser war einst – in den 70er und 80er Jahren – einer der Väter der Regionalentwicklung im Waldviertel. 1983 gründete er mit Günter Scheer die „Österreichische Arbeitsgemeinschaft für eigenständige Regionalentwicklung“ (ÖAR) und war ihr erster Vorsitzender. „Das Waldviertel war damals der Vorzeigebereich der Regionalentwicklung. Wir hatten die größte Streuung neuartiger Regionalprojekte – von den Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaften in der Landwirtschaft bis hin zu selbstverwalteten Betrieben“, erzählt Anton Rohrmoser im Gespräch mit Moderne Region.

1988 wechselte Rohrmoser zur Arge Region Kultur, die 1985 entstanden war – parallel zur ÖAR und mit dieser verknüpft. Von Anfang an hat die Arge Region versucht, Künstler und Kulturinitativen in Österreich untereinander in Verbindung zu bringen. Auch quer durch Niederösterreichs Landesviertel. „Kultur ohne Netz hat das hier geheißen“, erinnern sich Stadler und Rohrmoser. Es gab aber absolut keine Fördermittel – kein „finanzielles Netz“. Daher der Name. Erst Jahre später hat das Land NÖ die Grundidee aufgegriffen – mit der Kulturvernetzung Niederösterreich – und dann auch finanziert.

FrauenKunstFest bis Tanztheater: metaffa und Age-Company

Ilse Stadler
Ilse Stadler (Bild) ist seit vergangenem Herbst Geschäftsführerin der Arge. (Foto: Stadler)

„Meine Schwerpunkte sind Tanz und Feminismus“, sagt Ilse Stadler. Sie ist eine Rückkehrerin – eine Waldviertlerin, vor 20 Jahren aus Wien zurückgekommen. 2001 bis 2003 organisierte sie in Horn das FrauenKunstFest. „Mit geringsten finanziellen Mitteln – was sehr frustrierend war. Aber trotzdem war es ein gutes Programm, das viele Wellen geschlagen hat.“ Dann aber stockten die Fördermittel fürs Frauenfest zur Gänze. Zuviel Frauenpower fürs sonst so robuste Waldviertel?

Mit dem Tanztheater metaffa setzt Stadler bis heute ihre besonderen Schwerpunkte um. „TanzTraum“ heißt der Trägerverein von metaffa mit Sitz in Gföhl. Er organisiert professionell geleitete Workshops für zeitgenössischen Tanz im Waldviertel und in Wien, die offen für alle Interessierten sind. Und bringt eigene Produktionen zur Aufführung.

Unsere Arbeit bringt Lebensqualität in die Region

Metaffa - Tanztheaterstück "Töpfe"
Das Tanztheater metaffa (Bild) bietet Workshops und bringt eigene Produktionen auf die Bühne (Foto: Matthias Fürpaß)

„Es bringt Lebensqualität in die Region. Und macht sie lebenswerter“, merkt Ilse Stadler an, „wenn unsere Kultur- und Bildungsarbeit Sachen aufs Land holt, die es sonst nur in der Stadt gibt.“ Und die Ideen sprudeln. Ein ganz neuer Schwerpunkt ist Tanztheater für Menschen über 50: die Age Company. Die gibt es bislang nur in Wien. „Dort findet das irrsinnigen Zustrom. Aber jetzt fangen wir an, das auch in die Regionen zu tragen.“

Frauenzentrum Rohrbach und Elternhilfe in Salzburg

Im Dachverband der Arge Region Kultur ist auch das Bildungszentrum (BZ) Gföhl, dessen Vorläufer „Bildungstankstelle“ hieß. Ein besonders erfolgreiches Projekt der Arge ist das Frauenzentrum Rohrbach im Mühlviertel. „Vor 20 Jahren war das ein kleiner Verein. Heute ist es eine professionelle Frauenberatungsstelle mit mehreren Angestellten“, erklärt Rohrmoser.

Arge Region Kultur - ARK (Gruppenbild)
Die Mitarbeiterinnen der Arge Region Kultur treffen sich jährlich zu einem persönlichen Austausch. (Foto: Rohrmoser)

In Salzburg hat die Arge Region Kultur mit Christina Nöbauer das bepp aufgezogen – das Projekt „Pro Eltern Pinzgau und Pongau“. Hebammen, Ärzte, Pädagoginnen, Psychologinnen, Krankenschwestern sind dort eingebunden, um Eltern – von der Schwangerschaft bis zum Schuleintritt ihrer Kinder – zu begleiten. Bepp arbeitet heute in 53 Gemeinden.

Waggerl-Museum, slowenischer und kroatischer Kulturverband

In Wagrain, berichtet Rohrmoser weiter, hat eine Mitarbeiterin der Arge Tourismusprojekte ins Leben gerufen. Ein Einstiegsprojekt war dort das „Karl-Heinrich-Waggerl-Museum“. „Unsere Mitarbeiterin war Volkskundlerin. Sie hat einen tollen Weg gefunden, die Vielschichtigkeit von Waggerl herauszuarbeiten.“ Seine künstlerische Vielseitigkeit, aber auch seine Abirrungen zur Nazi-Ideologie. „Das hat am Anfang ein bißchen Wirbel gemacht.“ Wurde dann aber umso besser angenommen.

Metaffa "Töpfe" - Bildausschnitt
Die age-company macht Tanztheater mit Menschen über 50. Die Nachfrage in Wien ist groß. (Foto: metaffa - M. Fürpaß)

Damit nicht genug: Auch der slowenische Kulturverband Kärntens ist im Dachverband der Arge Kultur Region. Und im Burgenland die Kroatische Kulturgenossenschaft. Diese hat inzwischen mit der Kuga ein großes Kulturzentrum. Wie die Kärntner bieten sie ein weitläufiges Kulturprogramm, in der eigenen und in deutscher Sprache. Die Integration ethnischer Minderheiten, erzählt Rohrmoser, war für Hans Haid, den Gründer der Arge Region Kultur, von Anfang an wichtig.

Inspiriert von Paulo Freire – der Befreiungspädagogik

Rohrmoser hat in der Arge Region Kultur die Bildungsarbeit aufgebaut. Im kommenden September startet er einen neuen Diplomlehrgang: „Gemeinwesenorientierte Bildungs- und Kulturarbeit“. Die „aktivierende Gemeinwesenarbeit“ war für Rohrmoser seit seiner Tätigkeit als Entwicklungshelfer in Brasilien – in den 60er Jahren – ein zentrales Anliegen. Er hat mehrfach dazu publiziert.

Auch sein Konzept der eigenständigen Regionalentwicklung, das er vor 30 Jahren im Waldviertel maßgeblich mitentwickelte, hat viel damit zu tun. Entscheidende Anstöße erhielt er aus der Befreiungspädagogik von Paulo Freire. „Mich hat in jungen Jahren ganz besonders die Literatur von Paulo Freire interessiert“, schaut Rohrmoser zurück. „Seine Bewusstseinbildungsmethode – dass man mit Menschen Konzepte erarbeitet, wie sie selbst ihre Lebenssituation verbessern können.“

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Arge Region Kultur
Tanztheater metaffa
Bildungszentrum Gföhl
Age Company
Frauentreff Rohrbach / Mühlviertel
Bepp – Pro Eltern Pinzgau + Pongau
Slowenischer Kulturverband