Was macht St. Pölten für Klimaschutz und Energiewende?

Was läuft in der Landeshauptstadt St. Pölten in Sachen Energie­politik, Klimaschutz, Verkehr und Erneuerbare Energien? Es ist viel. magzin.at hat nachgefragt bei St. Pöltens Energiebeauftragten Thomas Zeh.
LUP - das Stadtbus-Netz in St. Pölten
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Seit 2009 hat die Stadt St. Pölten ein „Energieleitbild“. Und seit Anfang 2010 einen Energiebeauftragten, den gebürtigen St. Pöltner Thomas Zeh. Warum ein Energieleitbild? Zwei Hauptgründe nennt er: „Der eine ist der Klimawandel. Der zweite ist die zunehmende Res­sour­cen­knappheit, speziell bei fossilen Brennstoffen.“ St. Pölten ist bereits seit 20 Jahren beim Klimabündnis.

Die Energiewende findet in den Köpfen statt

Interessant, was das Energieleitbild St. Pöltens beinhaltet. Es sind vier Säulen, erklärt Zeh: die Fernwärmeversorgung, der Verkehrsbereich und die thermische Sanierung als „größter Brocken“.

Sein vierter Schwerpunkt ist die Öffentlichkeitsarbeit, bei der auch Sonnen- und Windenergie unterstützt werden. „Ich sage oft, die Energiewende ist technisch kein Problem. Sie ist vielmehr eine Wende, die im Kopf stattfinden muss.“ Es braucht ein neues Bewusstsein, eine neue Lebenseinstellung, so Zeh. Technisch sei die Energiewende längst machbar.

Größte-Solarstromanlage
St. Pölten fördert die Errichtung von Solar- und Photovoltaikanlagen - mit Beratung, einem Solarkataster und Zuschüssen.

Fernwärme aus Dürnrohr – 40.000 Tonnen CO2-Ersparnis

Bereits 1952 hat St. Pölten sein erstes Fernwärmeheizwerk errichtet und das Fernwärmenetz dann stark ausgebaut. Im Winter 2009/2010 wurde die neue Fernwärmeleitung aus dem Kraftwerk Dürnrohr – 31 km lang – in Betrieb genommen. Das war ökologisch und wirtschaftlich ein großer Schritt. Denn die Fernwärme aus Dürnrohr ist Abwärme, die dort bei der Stromerzeugung entsteht, größtenteils aus der Verbrennung von Müll- und Biomasse.

Sie ersetzt Fernwärme aus Erdgas. Das hat gleich zwei positive Effekte. St. Pölten bleibt damit unabhängiger von den fossilen Brennstoffpreisen. Und es wird weniger klimaschädliches CO2 produziert. „Wenn man die Erdgas-Ersparnis durch die Fernwärme aus Dürnrohr in CO2 umrechnet, sind das rund 40.000 Tonnen CO2 weniger pro Jahr.“

Der Stadtbus „Lup“ – von 2,5 Mio. auf 4,5 Mio Fahrgäste

Auch der Stadtverkehr ist zentraler Bestandteil des „Energieleitbilds“ von St. Pölten. Ende 2007 wurde der „Lup“ eingeführt, um den Öffentlichen Verkehr attraktiver zu machen. Dabei wurde das Busfahr-System völlig neu konzipiert. U.a. wurden die Fahrtakte erhöht und die Haltestellen engmaschiger gelegt. Mit riesigem Erfolg. Bereits im ersten Jahr kletterte die Fahrgastzahl von 2,5 Mio. auf 3,5 Mio. Inzwischen ist man bei 4,5 Mio. Fahrgästen pro Jahr angelangt, die die erdgasbetriebenen Lup-Busse benutzen.

Der Lup wurde bereits mit Umwelt-Preisen ausgezeichnet. Aber auch St. Pöltens Fußgängerzone. Diese zuletzt im April mit dem „Walk-Space-Award“. Es ist entscheidend, erklärt Zeh, auch den Fuß- und Radverkehr als Alternativen „nicht nur zu propagieren, sondern auch tatsächlich bequemer zu machen“. St. Pölten hat daher nicht nur das Radnetz ausgebaut und verdichtet. Es steckt auch viel Geld, sagt Thomas Zeh, in Bodenmarkierungen, Abstellanlagen und ein Leitsystem durch Beschilderung.

Thomas-Zeh-Energiebeauftrag
Thomas Zeh ist seit Frühjahr 2010 der Energiebeauftragte der Stadt St. Pölten.

E-Tankstelle am Rathaus – neu und kostenlos ab dieser Woche

Noch diese Woche wird an St. Pöltens Rathaus eine Solartankstelle eröffnet. Dort kann mit Elektro-Fahrzeugen gratis Strom getankt werden. Bürgermeister Matthias Stadler zeigt großes Interesse an Erneuerbaren Energien. Auch das eine gute Stadt-Tradition. Schon in den 90er Jahren hat St. Pölten einen Windkraft-Kataster erstellt – ein Verzeichnis geeigneter Windkraft-Standorte.

15 Windräder drehen sich in St. Pölten

Inzwischen stehen 15 Windräder auf St. Pöltens Boden. Eines davon gehört der Stadt selbst. „Die Windkraft ist von der Stadt immer unterstützt worden. Natürlich unter Berücksichtigung von Anrainerinteressen.“ St. Pölten ist auch der Sitz der IG Windkraft, des Verbands der österreichischen Windkraft-Unternehmen, deren Exportvolumen bereits über 450 Mio. Euro liegt.

745 Solar- und Photovoltaikanlagen auf den Dächern

Auch für die Solarenergie hat St. Pölten einen Kataster geschaffen. Jeder Hausbesitzer kann in diesem „Solarkataster“ nachsehen, ob und wie gut seine Hausdächer für Solar- und Photovoltaik-Anlagen sich eignen. Diese Daten stellt die Stadt kostenlos zur Verfügung.

Außerdem bezuschusst die Stadt die Anlagenerrichtung, die in den letzten Jahren sprunghaft wächst. Mehr als 745 geförderte Solar- und Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtfläche von 8.705 qm gibt es inzwischen.

Energieberatung ist kostenlos – „Gewusst wie, spart Energie“

Das alles wird unterstützt durch kostenlose Energieberatungen für die St. Pöltner. „Egal, ob es um Sanierung oder Neubau geht, um Energiesparen oder Solarenergie, man kann sich zu allen Energie-Themen bei uns beraten lassen.“ St. Pölten nennt diese Beratungsinitative „Gewusst wie, spart Energie“. Sie geschieht in Kooperation mit der Energieberatung NÖ. „Welche Maßnahmen gut und geeignet sind, ist von Fall zu Fall sehr verschieden. Deshalb ist eine Beratung sehr zu empfehlen.“

St. Pölten führt Energiebuchhaltung für die Stadtgebäude ein

Die thermische Sanierung sieht Thomas Zeh als den Hauptbereich fürs Energiesparen. „Gerade in diesem Bereich sind die größten Erfolge zu erzielen.“ Zwei Ansatzpunkte hat die Stadt: Bewusstsein schaffen, dass die Wärmedämmung bei Gebäuden große finanzielle und ökologische Vorteile bringt. Bis zu 70 Prozent Heizkostenersparnis sind möglich.

Zweitens: Die Stadt selbst geht mit gutem Beispiel voran. Für alle öffentlichen Gebäude der Stadt wurden Energieausweise erstellt. Jetzt bereitet Thomas Zeh eine „Energiebuchhaltung“ vor.

Monatlich werden dann die Energie-Verbräuche der öffentlichen Stadtgebäude gemessen und bewertet. Und dann weitere Verbesserungslösungen gesucht. Auch durch Anlagenoptimierung, die zehn bis 15 Prozent Kostenersparnis bringt. Derzeit gerade wird das operative Energiemanagement ausgeschrieben, um es von spezialisierten Privatfirmen ausführen zu lassen.

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magzin.at dankt DI Thomas Zeh für das Interview.

alle Fotos © mss/Vorlaufer
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