Stadtentwicklung Krems 2030: Auf dem Weg in die Zukunft. Interview mit Baudirektor Reinhard Weitzer zu Krems‘ Stadtentwicklungskonzept. Ein Diskussionsprozess mit Bürgerbeteiligung

Kunstmeile Krems - Kunsthalle und Karikaturmuseum
Krems will zu einer führenden Bildungs- und Kulturstadt werden. Im Bild: die Kunstmeile Krems mit Kunsthalle Krems (re) und Karikaturmuseum Krems (li)
» Sie lesen die nö. Internetzeitung magzin.at

„Stadtentwicklung Krems 2030“ – Interview mit Stadtbaudirektor Reinhard Weitzer

Seit Ende 2013 wird in Krems am Konzept „Stadtentwicklung Krems 2030“ gearbeitet mit Fleiß und großer Bürgerbeteiligung. Den Diskussions­prozess leitet der neue Kremser Stadtbaudirektor Reinhard Weitzer. Im Februar 2015 soll dann das Strategiepapier bei der Kremser „Zukunfts­konferenz“ präsentiert werden. magzin.at sprach mit Weitzer über die Vorteile des Stadtentwicklungskonzepts und die bisherigen Ergebnisse.

In Krems wird das „Konzept Stadtentwicklung 2030“ vorangetrieben. In den Diskussionsprozess, der seit Jahresende 2013 läuft, sind acht Arbeitsgruppen eingespannt mit Beteiligung von Kremser Bürgern, Politikern und Experten der Stadtverwaltung. Das Ziel lautet, eine Vision und ein Zukunftsbild für Krems zu entwerfen, das den Weg weist, für die Stadtentwickung der nächsten Jahre.

Ein „big picture“ von Krems für die Strategie von Krems

„Stadtentwicklung hat etwas mit Strategie zu tun, mit einem ‚big picture‘, einem ‚großen Bild‘ von der Zukunft, das man formuliert und erreichen will“, sagt Reinhard Weitzer, der neue Baudirektor der Stadt Krems, im Gespräch mit magzin.at. Reinhard Weitzer ist Leiter der Abteilung 5, der „Baudirektion“, des Kremser Magistrats, zu deren Agenden u.a. Raumplanung, Verkehrsplanung und Stadtentwicklung gehören.

Die acht Arbeitsgruppen waren schon sehr fleißig. Bereits im Juli hat ihre ge­mein­same „Steuerungsgruppe“ ein Grundsatzpapier vorgelegt und be­schlos­sen, das dreierlei formuliert: eine „Leitvision“ sowie sieben Grundsätze und fünf „Wirkungsdimensionen“. Sie sind die programmatische Orientierung, die die „Stadtentwicklung Krems 2030“ lenken soll.

Die Vision: Krems als führende Bildungs- und Kulturstadt

„Krems ist im Jahr 2030“, ist in diesem Grundsatzpapier vom Juli im Punkt „Vision“ festgestellt, „die lebenswerteste Kleinstadt im gesamten Donauraum und führende Bildungs- und Kulturstadt von europäischer Bedeutung.“ Als „zentraler Motor“ der Zukunftsentwicklung von Krems sind dort vier spezifische Kompetenzbereiche benannt: Bildung, Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft. Aus ihrer Entwicklung, Stärkung und ihrem Zusammenspiel will Krems seine vitalen Zukunftsperspektiven schöpfen.

Dieses Zukunftsbild von Krems – die Vision von Krems als „führender Bildungs- und Kulturstadt“ – steht keineswegs im luftleeren Raum. Bereits 2006 beschloss der Kremser Gemeinderat die Positionierung von Krems als „Bildungs- und Kulturstadt“, womit er der Strategie des Regionalisierungsprogramms der Landesregierung Niederösterreich folgte, das dies seit Ende der 1980er-Jahre für Krems vorsieht – als strukturellen, multipolen, sozusagen „föderalen“ Gegenzug zum Ausbau von St. Pölten als Landeshauptstadt Niederösterreichs mit Sitz der Landesregierung und Landesverwaltung.

Aus diesem Grund ist Krems an der Donau bereits heute und jetzt der größte Universitäts- und Hochschulstandort Niederösterreichs und Niederösterreichs bedeutendster moderner Kulturstandort – mit insgesamt fünf Universitäten und Hochschulen sowie der Kunstmeile (Kunsthalle, Karikaturmuseum) und drei großen Musikfestivals (u.a. das Donaufestival), die alle auch international von Bedeutung sind. Hinzu kommt 2016 neu die „Galerie Niederösterreich“, ein weiteres großes Museum moderner Kunst in Krems.

Qualitätsvolles Wachstum für Krems: Die Grundsätze

Das im Juli in der „Steuerungsgruppe“ der acht Arbeitsgruppen beschlossene Grundsatzpapier zur „Stadtentwicklung Krems 2030“ wird, so Krems Bau­direktor Reinhard Weitzer im Gespräch mit magzin.at weiters, dann Ende Feb­ruar 2015 einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt werden – bei der nächsten Kremser „Zukunftskonferenz“. Es formuliert, wie gesagt, neben der „Vision“ auch sieben „Grundsätze“ und fünf „Wirkungsdimensionen“.

Einige dieser Grundsätze heißen: „Krems bekennt sich zu einem qualitätsvollen Wachstum“; „Krems versteht sich als Motor der regionalen Entwicklung und fes­tigt seinen Platz auf der europäischen Landkarte“; „Krems minimiert seinen Ressourcenverbrauch“; „Krems bietet attraktive Lebensbedingungen im ge­sam­ten Stadt­gebiet“ und „Krems bietet Raum für neue Urbanität und Vielfalt“.

Fünf Wirkungsdimension - Stadtentwicklung Krems 2030
Fünf Wirkungsdimension - Stadtentwicklung Krems 2030
Der rote Faden: Die fünf „Wirkungsdimensionen“

Besonders große Bedeutung kommt nun auch den fünf „Wirkungsdimensionen“ im Konzept „Stadtentwicklung Krems 2030“ zu. Sie lauten: 1. Ökonomische Pro­spe­rität, Bildung, Forschung & Entwicklung; 2. soziale und räumliche In­te­gra­tion; 3. Umwelt- und Versorgungsqualität; 4. Vielfalt und Qualität des kul­tu­rellen Angebots sowie 5. Steuerung, Partizipation, Kooperation.

„Diese fünf Wirkungsdimensionen sind das entscheidende Bezugssystem, so­zu­sagen der rote Faden“, stellt Baudirektor Reinhard Weitzer dazu fest. „Jedes Projekt, das im Rahmen der Stadtentwicklung Krems 2030 angedacht oder realisiert wird, muss einen möglichst großen, positiven Beitrag zu diesen fünf Wirkungsdimensionen leisten. Und nur dann hat es eine Chance.“

Es geht um Projekte und Maßnahmen

Letztlich geht es also bei der „Stadtentwicklung Krems 2030“ um die Frage, welche konkreten Projekte und Maßnahmen in der Stadt Krems (seitens der Stadt, der Bürger und Unternehmen) in den kommenden Jahren umgesetzt, vorangetrieben oder besonders unterstützt und welche Sektoren und Bereiche besonders ausgebaut werden sollen? Und das alles im Sinne einer „integrierten Stadtentwicklung“, die die einzelnen Maßnahmen, Projekte und Bereiche bestmöglich aufeinander abstimmt – durch eine Gesamtstrategie, ein „big picture“, und geeignete Kontrollinstrumente, wie etwa die zuvor genannten fünf „Wirkungsdimensionen“

Bgm. Reinhard Resch: „Unsere Zukunft steuern“

„Wir wollen eine vorausschauende und geordnete Entwicklung, denn nur so können wir auch unsere Zukunft steuern“, umriss im vergangenen Sommer Krems‘ Bürgermeister Reinhard Resch diesen Sinn und Zweck der Erarbeitung eines Konzepts „Stadtentwicklung Krems 2030“. Und Vizebürgermeister Gottfried Haselmayer meinte: „Wir brauchen gemeinsame Grundsätze und Leitlinien“ für die Zukunftsentwicklung der Stadt, da dabei unterschiedlichste Ansprüche, Erwartungen und Bedürfnisse integriert und verbunden werden müssten. Auch Krems‘ Wirtschaftsstadtrat Erwin Krammer betonte, dass ein solches Zukunftskonzept für die Stadtentwicklung äußerst sinnvoll ist.

Von „Wirtschaft & Arbeit“ bis zu „Freizeit & Sport“ – die acht Arbeitsgruppen

Dass dies sinnvoll und von Vorteil ist, wird auch anhand der Vielfalt der Themen der acht Arbeitsgruppen klar, die sich den einzelnen Sektoren und Bereichen des Stadtlebens widmen, die das Stadtentwicklungskonzept miteinander verbinden und integrieren will:  1. Wirtschaft & Arbeit; 2. Bildung & Kultur; 3. Infrastruktur & Siedlungsentwicklung; 4. Umwelt & Energie; 5. Jugend, Gesundheit & Soziales; 6. Tourismus; 7. Freizeit & Sport; sowie 8. regionale und überregionale Kooperationen. „Mit unserer wirkungsorientierten Gesamt­strategie wollen wir den üblichen rein sektoralen Zugang aufbrechen“, sagt ganz in diesem Sinne Weitzer.

Reinhard Weitzer erzählt

Reinhard Weitzer ist seit Anfang 2014 der neue Baudirektor von Krems. Zuvor war dieses Amt in Krems acht Jahre lang vakant. „Vor ungefähr eineinhalb Jahren hat die Stadtregierung begonnen“, erzählt Weitzer, „konkretere Schritte für ein Stadtentwicklungskonzept Krems in die Wege zu leiten, um damit diese integrierte Sichtweise, ein akkordiertes und abgestimmtes Zielsystem zu schaffen.“

Krems neuer Baudirektor Reinhard Weitzer
Krems neuer Stadtbaudirektor DI Reinhard Weitzer

Ab November 2013 starteten dann die acht Arbeitsgruppen, in denen zahlreiche Bürger, Politiker und Experten der Stadtverwaltung mitwirken. Begleitet und moderiert wurden deren Diskussionen und Sitzungen, die seither regelmäßig stattfinden, von der NÖ Stadt- und Dorferneuerung.

Bürgerbeteiligung ist ein Kernpunkt von Stadtentwicklung

Besonderer Wert wurde dabei auf die Bürgerbeteiligung gelegt; ein Prinzip, das seit 2006 auch die Kremser „Zukunftskonferenz“ leitet, die alljährlich einmal stattfindet.  Die Bürgerbeteiligung bzw. „Partizipaton“ ist auch für Reinhard Weitzer ein Kernpunkt der „Stadtentwicklung“. „Auch mir ist es sehr wichtig“, betont er im Gespräch mit magzin.at, „dass die Bürgerinnen und Bürger ihr eigenes Lebensumfeld mitgestalten können. Und das auch tun. Denn wer ist dazu besser berufen, den eigenen Lebensraum zu gestalten, als die Menschen, die in Krems wohnen und arbeiten.“

Weitzer: Viel Erfahrung mit Regional- und Stadtentwicklung

Reinhard Weitzer, der gebürtige Kremser aus Senftenberg, hat selbst viel Erfahrung mit Bürgerbeteiligung und Regional- und Stadtentwicklung, da er über viele Jahre leitender Geschäftsführer des „Regionalverbands NÖ-Mitte“ im „Regionalmanagement Niederösterreich“ war. Als „Baudirektor“ und Chef der Abteilung 5 ist er seitens des Magistrats nun auch Hauptverantwortlicher für den Weg zur „Stadtentwicklung Krems 2030″ und ihre weitere Gestaltung und Umsetzung. „Ich bin in diese Diskussionsprozesse“, sagt er, „mit Beginn meiner Amtstätigkeit Anfang 2014 eingestiegen. Und habe von den Stadtpolitik den Auftrag erhalten, das auch weiterzuführen.“

Neuer Ansatz in der Stadtentwicklung: „Wirkungsorientierung“

Nach eigener Aussage hat Reinhard Weitzer in die Arbeit zum Konzept „Stadtentwicklung Krems 2030“ einen neuen Ansatz eingebracht, nämlich die „Wirkungsorientierung“. Das ist ein Terminus, eine Bezeichnung aus der Me­tho­den­diskussion zur Frage, wie ein Stadtentwicklungskonzept am besten an­ge­legt sein sollte.

Diese „Wirkungsorientierung“ meint zumindest zweierlei: Einerseits, wie schon dargestellt, muss jedes Projekt einen positiven Beitrag zu allen fünf „Wirkungsdimensionen“ leisten. Andererseits wird von der „Wirkung“ her, vom „erwünschten Resultat“ in der Zukunft her das Konzept entwickelt, zu dem freilich auch geeignete Arbeitsstrukturen, Kontrollinstrumente und Indikatoren gehören. „Wirkung bezeichnet für uns“, so Weitzer, „ein gewünsche Veränderung von einem Zustand. Und wir wollen da sozusagen aus der Zukunft zurückarbeiten.“

„Wirkungen/Resultate 2030“: Erstes Zwischenergebnis liegt vor

Anders gesagt: „Wirkungsorientiert heißt, dass man die Frage an den Anfang stellt: Was soll in der Zukunft anders sein?“ Das heißt: Man beschreibt vorausdenkend ein konkretes Zukunftsbild für einzelne Bereiche in der Stadt. Zum Beispiel, wie die Kremser Fußgängerzone im Jahre 2030 oder 2020 aussehen sollte. „Und von diesem Bild her“, so Weitzer, „von diesen Wirkungen und Resultaten her, kann ich dann zurückschließen, was muss ich wann wie machen, damit dieses Zukunftsbild tatsächlich eintritt. Das ist ein neuer Ansatz.“

Die acht Arbeitsgruppen arbeiten nun bereits nach diesem Prinzip der „Wirkungsorientierung“. Ein erstes Zwischenergebnis dieser Art wurde jetzt im Oktober bei einer Versammlung aller acht Arbeitsgruppen vorgelegt. Das noch vorläufige Papier beinhaltet demnach die Beschreibung von „Wirkungen/Resultaten 2030“ z.B. im Themenfeld „Bildung & Forschung“ oder „Vielfalt und Qualität des kulturellen Angebots“. Die Themenfelder sind in Unterthemen aufgegliedert, ergänzt durch die Beschreibung einzelner „Maß­nahmen/Projektideen“ und ihrer „Indikatoren“ (Messgrößen, die es erlauben, den Erfolg oder Fortschritt von Projekten und Maßnahmen festzustellen).

Parallele und spätere Prozesse: Örtliches Entwicklungskonzept und Bürger-Plattformen

Ende Februar 2015 sollen dann, so Baudirektor Reinhard Weitzer, alle diese Ergebnisse der Arbeitsgruppen „Stadtentwicklung Krems 2030“ bei der Kremser „Zukunftskonferenz“ vorgestellt und diskutiert werden. Und zwar ein Konzept „Stadtentwicklung Krems 2030“, das an die 30 Seiten umfassen könnte. „A small paper for a big picture“, nennt es Weitzer im Gespräch mit magzin.at.

Parallel dazu beginnt nun bereits ab 1. Jänner 2015 ein zweiter Prozess, nämlich die Erarbeitung eines „örtlichen Entwicklungskonzepts“. Sie bedeutet die rechtliche Ummüntzung des Konzepts der „Stadtentwicklung Krems 2030“ in städtische „Ordnungsplanung“, in Flächenwidmung und Teilbebauungspläne. Zugleich soll der Diskussionsprozess zur „Stadtentwicklung Krems 2030“ noch weitergeführt werden. An die Stelle der Arbeitsgruppen, so Reinhard Weitzer, könnten „Plattformen“ treten mit weiterer Bürgerbeteiligung.

*****

Text und Interview: Andreas Wagner
Das Interview mit Baudirektor DI Reinhard Weitzer führte Dr. Andreas Wagner.

Text: Andreas Wagner / © magzin.at

weitere Infos unter:
www.krems.gv.at

Foto Kunstmeile Krems: © Gregor Semrad / zVg Stadt Krems
Grafik Fünf Wirkungsdimensionen: © magzin.at / Quelle: Stadt Krems
Foto Baudirektor DI Reinhard Weitzer: © Stadt Krems
artikelende