Mika Stokkinen. St. Pöltens King of Blues and Rock’n Roll. Porträt eines virtuosen, sympathischen Ausnahmemusikers. Mit Blick auf die vitale Musikszene St. Pöltens

Mika Stokkinen
Mika Stokkinen – ein „Ausnahme-Bluesgitarrist"
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Mika Stokkinen – St. Pöltens „King of Blues and Rock’n Roll“

St. Pölten hat eine höchst vitale Musikerszene. Mika Stokkinen ist dort der „King of Blues and Rock’n Roll“. Einen „Ausnahme-Blues-Gitarristen“ nennt ihn Wolfgang Matzl, der die aktuelle Ausstellung Musikszene St. Pölten mitinitiierte. Mit dem sympathischen, prächtig tätowierten Musiker Stokkinen sprach magzin.at über seine Musik und seinen Werdegang, über Blues und Rock, über die Musikszene in Wien und St. Pölten. Und warum er St. Pölten so toll findet.
von Andreas Wagner

St. Pölten hat eine sehr vitale Musikerszene. Einer von ihnen ist Mika Stokkinen. „Ich bin eher ein bescheidener Mensch“, meint er über sich. Seine Blues- und Rock-Live-Konzerte sind in St. Pölten sehr populär. Er ist Bandleader, Sänger und Gitarrist. Hat eigene Bands, spielt in sechs Formationen. Und ist Mitorganisator des hervorragenden Summer Blues Festivals in St. Pölten.

Stokkinens musikalische Wurzeln: Blues und Rock

„Meine Wurzeln sind Blues, Rock und Rock‘n Roll“, erzählt der tadellos, ja, hübsch tätowierte, sympathische St. Pöltner Musiker Stokkinen beim Interview. Zehn Jahre lang lebte er in Wien, wo er u.a. mit der Mojo Blues Band (MBB) auf enge Tuchfühlung kam. Zumal Charlie Furthner, der Pianist der MBB, auch St. Pöltner ist. Seit dem Jahr 2000 ist Stokkinen wieder zurück in St. Pölten, in seiner Heimatstadt.

Mika Stokkinen
Mika Stokkinen: „Ich bin ein inbrünstiger Musiker"

„Es tut sich was, es tut sich was“, nickt Stokkinen mit dem Kopf, gefragt, ob in St. Pölten viel los ist? „St. Pölten ist absolut lebenswert. Absolut!“, erklärt er. „Wenn jemand mir sagt, da ist nicht viel los, dann antworte ich: Mach deine Augen auf. Geh hin. Schau es dir selbst an.“

St. Pöltens imposante Musikszene: 600 Bands seit 1960

Gerade läuft in St. Pölten eine große Ausstellung: 60 Jahre Musikszene in der Traisenstadt: Rock- und Popmusik. „Seit Ende der 1950er Jahre hat es in St. Pölten an die 600 Bands und Musikprojekte gegeben. Die Zahl ist gewaltig“, berichtet Wolfgang Matzl. Die Ausstellung zeigt sie alle auf Postern und Fotos, die digitalisiert wurden, ihrer Zeit. Matzl hat die Ausstellung gemeinsam mit Didi Prohaska initiiert und realisiert. (weitere Infos unten)

Zu sehen ist in der Ausstellung natürlich auch Mika Stokkinen. 1998 hat er seine Mika Stokkinen Band gegründet, nachdem er zuvor schon bei „Detroit Diesel“ spielte. „Ich bin ein inbrünstiger Musiker. Absolut“, sagt Stokkinen. „Da hängt meine ganze Leidenschaft dran.“

Mit zwölf zum Weltgitarristen Helmut Scherner

Als er zwölf geworden war, ging Stokkinen zu Helmut Scherner, um Gitarre zu lernen. Scherner ist eine Ikone und Legende, ein absoluter Weltklassegitarrist, der in St. Pölten zuhause ist. Er spielte inter­nati­onal. Unter anderem in der Jazz­rock-Welt­musik-Fusion­band „Iviron“, in „Nadir“ mit Drum­merin Angela Beran, in „Roots“ und „Lost Ge­ne­ra­tion“.

Klarerweise ist auch Helmut Scherner prominent in der Ausstellung „60 Jahre Musikszene St. Pölten“ zu sehen, die von „The Swing Boys“ über Scherner, The New Malformation, Peter Pan, Chico, Mario und Silvio Berger, Roots Vibration, HOR bis zu Ben Martin, Bauchklang und dem Jungstar Lukascher mit  seiner „Alpine Dub Foundation“ reicht. Alle­samt, hier nur ein kleiner Aus­schnitt, bedeutende St. Pöltner Musiker.

Wolfang Matzl: „Stokkinen ist ein Ausnahme-Bluesgitarrist“

Back to Mika Stokkinen. „Ich muss ihm Rosen streuen“, sagt Wolfang Matzl. Wohl kein Zufall: Am Valentinstag 1974 wurde Stokkinen in St. Pölten geboren. Ein ziemlich gutes Omen. „Bei Blues und Rock‘n Roll ist Stokkinen die Nummer Eins in St. Pölten“, umreisst Wolfgang Matzl den Stellenwert des Vollblutmusikers.

Mika Stokkinen
Stokkinen liebt West-Coast-Blues: „Puh, da ist die Party losgegangen"

„Stokkinen ist ein Ausnahme-Bluesgitarrist. Er ist virtuos und groovig gleichzeitg“, schwärmt Matzl. Und das ist der Grund, warum Stokkinen in St. Pölten so gerne auf der Bühne live gehört wird, demnächst etwa wieder beim hervorragenden Summer Blues Festival am St. Pöltner Ratzersdorfer See.

Bluesrock am Anfang: Eric Clapton und Rolling Stones

Die Anfänge Stokkinens als Live-Musiker auf der Bühne, als Sänger und Gitarrist, lagen im Bluesrock. Bluesrock, das ist für viele die geniale Musikrichtung, die die 60er-Jahre erst so richtig durchgerüttelt hat: rebellisch, wild, respektlos, zugleich aber träumerisch, lyrisch und un­glaub­lich gefühlvoll.

Eben Rock mit Blues gemischt, wie legendär und großartig bei Eric Clapton, The Rolling Stones, Ten Years After, Janis Joplin, Canned Heat, Jimi Hendrix, Creedence Clearwater Revival, Fleetwood Mac, Led Zeppelin, The Doors, AC/DC, ZZ Top usw. usw.

Die Blues-Phase in Wien

Zum Anfang also Bluesrock. „Dann habe ich meine Liebe zum Blues entdeckt“, erzählt Mika Stokkinen seine Lebensgeschichte weiter. 1997 gründete er mit Tom Hornek die „Bluesmessengers“. Im Jahr 2001 dann mit Bernhard Egger die „Austrian Blues Unit“ (ABU). Damals war er viel in der Wiener Bluesszene unterwegs und spielte er schon mit namhaften Musikern: Dana Gillespie, Mojo Blues Band, Hermann Posch, Michael Pewny, Big Jay McNeelie usw. usw.

Zweierlei war‘s, sagt er, was ihm am Blues gefiel: Die Art, wie der Blues Geschichten aus dem Leben erzählt. Und die Erkenntnis, dass Blues die Grundform aller Popularmusik ist.

„Man sagt immer, der Blues ist traurig. Das stimmt so nicht“, erzählt Mika Stokkinen. „Der Blues ist für mich die Grundform, woraus alle Popularmusik entstanden ist. Ich mag es, wie der Blues Geschichten aus dem Leben erzählt. Und als ich verstanden hatte, was Blues bedeutet, war es plötzlich für mich ganz leicht, auch Funk und Reggae zu spielen. Vom Blues her kannst du, weil er diese Grundform ist, in alle Musikrichtungen gehen.“

Die sonnige Seite des Blues – Rückbesinnung und Abkehr von Wien

Dann kam Stokkinens Abkehr von Wien. „Der Purismus, der zum Teil in der Wiener Bluesszene herrscht, ist mir dann irgendwann zu viel geworden. Es wurde mir zu engstirnig in Wien.“ Mika Stokkinen kehrte nach St. Pölten zurück und begann wieder, voller Spaß und Freude die ganze Breite der Musik zu spielen, die er seit jeher mochte. Darunter seinen geliebten West-Coast-Blues. „Ich sage immer, das ist die sonnige Seite des Blues. Der war energetisch. Puh, da ist die Party losgegangen.“

Mika Stokkinen
Als Mensch und Musiker sehr beliebt. Mika Stokkinen.

Im Jahr 2008 belebt und formiert er neu seine Mika Stokkinen Band in St. Pölten. Sie spielt jetzt breit gefächert: Blues, Bluesrock, Rock, Funk, Pop, Country, Jazz, Reggae, Rock‘n Roll und Swing. Mit Ron Glaser spielt er außerdem seit 2010 Elvis Presley-Songs (Ron Glaser & Band) und mit Charlie Furthner von der Mojo Blues Band Chuck Berry (Berry B. Goode Band).

Stokkinens enorme Bühnenpräsenz

„Mika Stokkinen hat nicht nur eine brilliante Technik auf der Gitarre, er bringt er auch eine enorme Energie auf die Bühne und zum Publikum“, sagt Wolfgang Matzl, der seit den 1990er-Jahren im übrigen auch die Musikszene in St. Pölten kräftigst fördert. Unter anderem hat er die Jugendkulturhalle frei:raum in St. Pölten initiiert, die er leitet.

Ist das noch künstlerisch, wenn man Musik nachspielt und „covert“? „Viele berühmte Musiker covern Songs anderer Musiker“, gibt Matzl zur Antwort. „Gerade im Blues und Rock‘n Roll, wo Mika agiert, geht es nicht ums Brillieren mit neuesten Songs. Da geht es darum, dass man ein Feeling rüberbringt.“

Eins mit dem Publikum und der Welt beim Gig

Und dieses Feeling, diese leidenschaftliche Offenheit, Leichtigkeit und Freiheit auf der Bühne bei den Gigs, diese powerful and good vibrations bringt Mika Stokkinen zweifellos rüber. Es macht echt Spaß, ihn live zu hören.

„Ich brauche das Gefühl, auf der Bühne zu sein“, sagt er, „und diesen Energieaustausch mit den Leuten. Es geht um diese Interaktion, die du mit dem Publikum hast, wenn sie auf deine Musik reagieren. Du merkst dann auf der Bühne, jetzt sind wir verbunden, eins mit dem Publikum.“

Summer Blues Festival in St. Pölten mit Stokkinen

Gemeinsam mit Charlie Furthner von der Mojo Blues Band und dem verdienstvollen „BüroV“ in St. Pölten richtet Mika Stokkinen das hervorragende, alljährliche Summer Blues Festival am Ratzersdorfer See in St. Pölten aus. Es findet immer im Juli statt, am 26. Juli heuer. Auch Mika Stokkinen spielt, mit seiner Band und mit Stella Jones. ♥

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Weitere Auszüge aus dem magzin.at-Interview
mit Mika Stokkinen:

magzin.at: Hat die Pop- und Rockmusik seit 1960 deiner Meinung nach die Gesellschaft moderner und lockerer gemacht? Sie positiv verändert?

Stokkinen: Ja. Gerade die Musik war die einzige Möglichkeit, die Entwicklung irgendwie zu beeinflussen. Plötzlich hat die Jugend ein Sprachrohr gehabt und die Möglichkeit, zu sagen, so sehen wir das. Ich denke, das war und ist sehr wichtig.

magzin.at: Wo liegt in der Musik die Grenze zum Kommerz?

Stokkinen: Für mich gibt es diese Grenze nicht. Auch der Blues war immer Popularmusik. Ein Robert Johnson hat Blues in einer bäuerlichen Scheune auf dem Land gespielt, vor 100 Leuten, die dazu tanzten, sangen und feierten. Sobald du Musik spielst, die Leuten gefällt, egal wie vielen, ist es Popularmusik und Kommerz.

magzin.at: Wie hat sich die Landeshauptstadt St. Pölten in den letzten Jahren entwickelt?

Stokkinen: St. Pölten ist für mich absolut lebenswert. Es tut sich viel. St. Pölten hat sich in den letzten Jahren sehr gut ent­wickelt. Auch weil wir einen jungen Bürgermeister haben, der sich was traut.

In St. Pölten gibt es meiner Meinung nach genug Mög­lich­keiten, als Musiker aufzutreten. Die Frage ist nur, ob du dafür bezahlt be­kom­mst. Aber das ist auch in Wien so.

Es gibt einen Haufen Musiker in St. Pölten. Und wir haben viele sehr gute Musiker hervorgebracht, die auch in der öster­reich­ischen und inter­nati­onalen Musik­szene kräftig mitmischen oder mitgemischt haben.

St. Pölten ist eine richtige Musikerstadt. In allen Musik­richtungen gibt es gute Bands. Und das Publikum hier in St. Pölten ist wirklich super, auch wenn es bei Neuem anfangs immer skeptisch ist. Aber wenn du die Herzen hier einmal gewonnen hast, dann sind sie bei dir.

magzin.at: Lieber Mika! Danke für das Interview.

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Die Interviews mit Mika Stokkinen und Wolfgang Matzl
führte Andreas Wagner, Herausgeber magzin.at.

Andreas Wagner / © magzin.at

alle Fotos: © Mika Stokkinen / zVg Mika Stokkinen
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