Symposion Dürnstein 2015: „Glücksbilder. Die Wirklichkeit der Utopien“ – Wissenschaftliche, religiöse und philosophische Diskussionen im Stift Dürnstein | 19.-21.2.2015

Symposion Dürnstein in der Wachau: 19. bis 21. Februar 2015
Dürnstein in der Wachau
» Sie lesen die nö. Internetzeitung magzin.at

„Glücksbilder. Die Wirklichkeit der Utopien“ – Symposion Dürnstein 2015, kuratiert von Ursula Baatz

Dem einst so großen Thema – „Glücksbilder. Die Wirklichkeit der Utopien“ – widmet sich vom 19. bis 21. Februar das diesjährige Symposion Dürnstein, das die Wiener Wissenschaftsjournalistin Ursula Baatz kuratiert. Der große deutsche Sozialphilosoph Oskar Negt hält den Eröffnungsvortrag.

Demokratisierung, Menschenrechte, Liberalisierung waren das Ergebnis der großen historischen Fortschrittsutopien. Jedoch die totalitären Utopien des 20. Jahrhunderts brachten Schrecken und Ernüchterung.

Heute scheint die Situation geklärt. Heute diktiert die Angst vor den Utopien theoretischem Denken und wissenschaftlicher Phantasie unbemerkt sehr enge Grenzen. Ohne Anspruch, das Weltganze noch denken zu können, verliert es sich in Fragmentarisierung, Positivismus und Pragmatismus. Unfähig, neue Prinzipien der Welterfahrung gedanklich hervorzubringen und neue weite, humane Horizonte des Gesellschaftsbilds zu setzen.

Die dominanten, scheinbar „kritischen“ Paradigmen der heutigen Gesell­schafts­wissen­schaften und Gesell­schafts­politik sind nun schon seit den 1990er-Jahren im Wesentlichen unverändert. Das heißt im Stillstand. Es gibt aus ihrem Fundus nur noch kleine politische und gesellschaftspolitische Reformentwürfe. Und es gibt nur noch institutionelle, professionalisierte Theoriearbeit und Theorien. Völlig fehlt die System- und Institutionenkritik. Einige wenige Themen stehen unentwegt im Vordergrund. Wissenschaft und Philosophie ziehen sich auf Expertise im Dienste der Politik und Wirtschaft und auf Karrierismus zurück.

Der Verzicht auf Utopie, die menschliche Sinnfragen und neue Lebensentwürfe mit Wissenschaft und Historie verbände, schlägt um in ein geistiges Vakuum, das die barbarischen „Kreuzzugsmentalitäten“ und die Sehnsucht nach dem „clash of cultures“ heute so gefährlich nährt. Der „Dekonstruktivismus“, in den das Denken der letzten großen Reform-Generation, der 1968er, ausgelaufen ist, trägt daran Mitschuld und hat keinen Saft mehr und keine neuen großen Ideen. Es wird nur noch ständig abgespult, was man seit nunmehr 25 Jahren als „Innovation“ begreift. Als ob das nicht langsam ein Widerspruch-in-Sich wäre.

Fast alles ist nur noch Staats-, Wirtschafts- oder Froschperspektive. Während kaum, eher gar nicht – in Hinsicht auf die großen drängenden Menschheitsfragen oder simpelster Formen europäischer oder menschlicher Solidarität – wirkliche, echte Inno­va­tions­kraft in Politik, Wirtschaft, Medien und Gesellschaft erkennbar ist, trotz allen Fleißes, ständigen Geredes, großer Betriebsamkeit und immer mehr Hektik. Dieser unsägliche Egoismus, der heute wieder Politik und Wirtschaft bestimmt, ist weder ein christliches noch ein sozialistisches Prinzip, zweier der größten Utopien Europas.

Das Programm

Eben diesem einst großen Thema – „Glücksbilder. Die Wirklichkeit der Utopien“ – widmet sich vom 19. bis 21. Februar zeitgemäß das diesjährige Symposion Dürnstein, das die Wissenschaftsjournalistin Ursula Baatz kuratiert und von der NÖ Forschungs- u. BildungsgmbH (NFB) veranstaltet wird.

Deutschlands bedeutender Sozialphilosoph und Soziologe Oskar Negt eröffnet es mit einem Vortrag über den „Europäischen Einigungsprozess. Wirklichkeit und Utopien in der globalen Welt“.

Thomas Morus‘ Utopia ist Thema von Thomas Schölderle (München). Die Politikwissenschafterin Uta von Winterfeld (Wuppertal, Berlin) referiert über die Bedeutung von Glücksvorstellungen, der Kölner Literaturwissenschafter Martin Roussel über Utopien in der Gegenwart sowie Christian Schicklgruber (Wien) über Bhutans „Brutto-Nationalglück“-Konzept.

Zur „Genderpolitik“ der Dschihadisten spricht die Politikwissenschafterin Kathrine Brown (London). Wilfried Graf (Klagenfurt) am selben Tag über „kreative Konfliktlösungen“. Über „Ethik und Maschinengläubigkeit“ hält Bernhard Irrgang (Dresden) einen Vortrag. Über die „Politik der Abschiebung“ der Journalist Miltiadis Oulios (D). Über „regionale Möglichkeiten nachhaltigen Wirtschaftens“ Gerhard Zwingler  (OÖ). Und über die (voraussehbaren) Enttäuschungen der einstigen Vision der großen „Freiheit des Internets“ Felix Stalder (Zürich).

Den institutionellen Religionen gehört der spätere Nachmittag am Freitag. Diskutiert wird die Frage „Religion der Zukunft. Zukunft der Religion“ aus jüdischer, islamischer, buddhistischer, katholischer, evangelischer und philosophisch-humanistischer Sicht. Zuvor legt die Theologin Melanie Johnson-DeBaufre (New Jersey, USA) dar, welche politischen und sozialen Ansprüche und Werte „das“ Christentum für die Globalisierung bereithält.

*******

Andreas Wagner / © magzin.at

weitere Infos unter:
http://symposionduernstein.at

Foto: © fotofrank – fotolia.com
artikelende